Faaborg-Gelting Linien A/S
Nordisk Færgefart A/S
1965-1999
Nordisk Færgefart A/S
1965-1999
Historie
1964 begann der dänische Schiffingenieur Poul Molich mit der Planung einer neuen Fährverbindung von Faaborg auf der dänischen Insel Fyn nach Deutschland. Man entschied sich für die 28 seemeilen entfernte Geltinger Bucht Als Anlaufhafen. Hier wurde auf einem Acker, ein paar Kilometer vom Ort Gelting entfernt, ein Anleger gebaut, die Gelting Mole.
Am 5. Februar 1965 wurde dann die Aktiengesellschaft Nordisk Færgefart A/S (NF) in Faaborg gegründet. Poul Molich wurde erster Aufsichtsratsvorsitzender. Bei der Flensburger Schiffbaugesellschaft wurde eine Fähre für 8,5 Mio. Dkr. Bestellt, die »SYDFYN«. Sie lief am 12. Juni 1965 vom Stabel. Getauft wurde sie von Valborg Toftager, der Gattin des damaligen Faaborger Bürgermeisters. Die Werft konnte das Schiff jedoch nicht termingerecht zum Start des Liniendienstes abliefern. Daher wurde von der Dampskibsselskab Ærø die ebenfalls neue Autofähre »ÆRØBOEN« (499 BRT, 400 Pass., 35 Pkw) gechartert. Mit ihr wurde dann am 1. August 1965 die Faaborg-Gelting Linie eröffnet.
M/F »SYDFYN«
Am 31. August 1965 wurde schließlich die »SYDFYN« abgeliefert und übernahm den Liniendienst ab dem 3. September. Im ersten Jahr wurden 15.000 Fahrgäste und 1.000 Autos befördert. Die Route wurde immer beliebter, so daß die Beförderungszahlen jährlich anstiegen. Im Jahre 1970 lagen sie bei 187.000 Passagieren und 15.000 Pkw. Um besonders den dänischen Reisenden einen neuen Anreiz für die Überfahrt zu bieten und weil an Bord nur wenig Platz für den zollfreien Verkauf zur Verfügung stand, baute man 1974 gleich an der Gelting Mole einen eigenen Supermarkt, da die Preise hier deutlich unter dem dänischen Niveau lagen.
M/F »GELTING«
Als 1975 bereits 324.000 Passagiere und 16.000 Pkw die Faaborg-Gelting Linien in Anspruch nahmen, war die Kapazität der »SYDFYN« an ihre Grenzen gestoßen. Daher kaufte die Reederei im Oktober 1975 das Fährschiff »MILLE« von Jydsk Færgefart A/S, Kalundborg. Es wurde umbenannt in »GELTING«, außerdem wurden Renovierungen der Salons vorgenommen. Die neue Fähre verfügte über die doppelte Kapazität ihrer Vorgängerin, außerdem über größere Kioske, die den Duty Free - Verkauf erlichterten, zwei Restaurants, eine Cafeteria sowie eine Skybar in dem schornsteinähnlichen Bau auf dem Oberdeck. Sie nahm am 11. November 1975 ihren Dienst auf. Die »SYDFYN« hatte ihren letzten Einsatz am 9. November und wurde dann an die jugoslawische Reederei Jadranska Linijska Plovidba nach Split verkauft. Dort erhielt sie den Namen »VIS«.
Am 8. Oktober 1976 ereignete sich die einzige schwere Havarie in der Reedereigeschichte, als M/F »GELTING« südöstlich der Insel Als auf das Pølsriff lief, wobei der Schiffsrumpf etwa 30 Meter aufgerissen wurde und Wasser in den Maschinenraum lief. Hierbei hatte auch eine der Maschinen Schaden erlitten. Um 19.05 Uhr ließ der Kapitän SOS funken. Die Passagiere mußte sich Rettungswesten anlegen, konnten aber noch warme Kleidung aus ihren Autos heraufholen. Die Stimmung an Bord war ruhig, glücklicherweise ebenfalls die Wetterlage. Als erstes trafen zwei deutsche Rettungshubschrauber ein, die Wasserpumpen herbeibrachten. Außerdem evakuerten sie zwei ältere Passagiere. Die übrigen Mitreisenden wurden von zur Hilfe gekommenen "Butterdampfern" nach Sønderborg/Als gebracht und mit Bussen weiter nach Faaborg. Von der Langeland - Marine wurden ebenfalls vier Schiffe geschickt, sie traten jedoch nicht in Aktion. Um 00.30 Uhr traf ein Bergungsschiff der Firma Svitzer ein und schleppte die »GELTING« zur Fredericia Værft, wo am nächsten Tag auch die Autos von Bord geholt wurden. Danach lag der Fährverkehr einige Tage still, bis es der Reederei gelang, die Fähre »OLAU WEST« (ex. »KALLE« -75, ex. »GRENAA« -71) zu chartern, die den Verkehr während der zweimonatigen Werftliegezeit der »GELTING« fortsetzte.
1980 fiel die »GELTING« wegen eines Maschinenschadens erneut aus und wurde vom 9. bis 30. September bei der Flensburg Werft repariert. Der Liniendienst konnte jedoch nahtlos von der eingecharterten DFDS-Fähre »DANA GLORIA« (ex. »METTE MO« -77, ex. »METTE MOLS« -74) bis zum Ende des Jahres weitergeführt werden. Nach der Reparatur kehrte die »GELTING« allerdings nicht mehr auf ihre Route zurück, sondern wurde nach Venezuela verchartert.
M/F »GELTING NORD«
Sie blieb jedoch nur ein Jahr auf der Faaborg-Gelting Linie, denn am 1. Mai 1982 nahm sie, nach einigen Umbauarbeiten bei der Svendborg Werft, einen neuen Liniendienst vom dänischen Hundested auf Sjælland ins norwegische Sandefjord auf. Hier machte sie täglich wechselnd eine abendliche Abfahrt von Dänemark bzw. Norwegen, nur sonntags von beiden Häfen. Für die Strecke benötigte sie ca. 12 Stunden. Wegen mangelnder Auslastung mußte die Route schon zum Januar 1984 wieder eingestellt werden.
M/F »GELTING SYD«
Bereits im November 1981 hatte Nordisk Færgefart für 34 Mio. Dkr. eine zweite Fähre, die »STELLA SCARLETT« (4.174 BRT) erworben. Deren Kapazität war etwas geringer als die der »GELTING NORD«, insbesondere da sie nicht wie diese über ein Hängedeck für Pkw verfügte. Das neue Schiff erhielt den Namen »GELTING SYD« und übernahm den Liniendienst am 29. Januar 1982. Nun hatte man von der Größenordnung endlich das ideale Schiff für die Route im Einsatz. Die nächsten 17 Jahre, also länger als alle ihre Vorgängerinnen zusammen, verkehrte »GELTING SYD« zuverlässig auf der Faaborg-Gelting Linie.
Meist lag der Verkehr zwischen Faaborg und Gelting in den ersten Wochen jedes Jahres während der Jahresüberholung der Schiffe still. Als im Frühjahr 1984 einige umfassendere Renovierungsarbeiten an der »GELTING SYD« durchgeführt wurden, wurde sie von »GELTING NORD« auf der Linie ersetzt. So konnte man für einige Zeit beide Fähren im Faaborger Hafen antreffen.
Am 25. Oktober 1985 ereignete sich zum zweiten Mal in der Reedereigeschichte eine Havarie am Pøls Riff vor Als. Auf der Fahrt nach Gelting lief »GELTING SYD« dort auf Grund und zog sich dabei einen vier Meter langen Riß im Rumpf zu. Die Folgen waren jedoch weniger dramatisch als bei der »GELTING« 1976. So konnte sie ihre Fahrt nach Gelting und zurück nach Faaborg fortsetzen, mußte jedoch anschließend für etwa eine Woche auf der Fredericia Werft repariert werden. Während dieser Zeit lag auch die Faaborg-Gelting Linie still.
Im Lauf der Jahre wurden ein paar kleine farbliche Änderungen am Rumpf oder der Spritzwasser-Persenning an der Reling auffällig. In den 90ern wurde die ehemals blaue Persenning (als »STELLA SCARLETT« hatte das Schiff ja noch einen blauen Rumpfanstrich) gegen eine rote ausgetauscht und dieser "rote Faden" auch mit Farbe auf den Aufbauten run um das Schiff weitergezogen.
Eine recht große bauliche Veränderung wurde im Januar 1996 auf der Husumer Schiffswerft für 11 Mio.Dkr. ausgeführt. Das á-la-carte Restaurant "Bellevue" wurde durch einen Aufbau vergrößert. Mit dem Buffetrestaurant "Marco Polo" und der Cafeteria standen nun insgesamt 750 Sitzplätze zur Verfügung. Im darunter gelegenen Deck wurde ein Supermarkt eingerichtet, der den bisherigen umständlichen Verkauf an Kiosken ersetzte. Im Frühjahr '96 wurde dann noch das Achterdeck zum Teil überdacht und dort eine Snack-Bar eingerichtet.
Ein besonderes Ereignis gab es im selbem Jahr Mitte Februar in der ersten Betriebswoche: In diesem kalten Winter war die Ostsee auch in unseren "südlichen" Breiten zugefroren. Obwohl »GELTING SYD« auch für Eisfahrten konzipiert worden ist, blieb sie in einem Feld aus besonders stark komprimiertem Eis nahe Als stecken. Ein Eisbrecher mußte eine Rinne für sie freifahren. Durch die (geringen) Schäden mußte Mitte Mai ein eintägiger Werftaufenthalt auf der Svendborg Værft eingeschoben werden.
Der traurigste Tag für die Faaborg-Gelting Linien war der 30. Juni 1999. An diesem Tag fuhr »GELTING SYD« zum letzten Mal nach Gelting. Da die Europäische Union beschlossen hatte, den zollfreien Warenverkauf innerhalb der Mitgliedsstaaten zum 1. Juli 1999 einzustellen, wurde die Reederei ihrer wirtschaftlichen Grundlage beraubt. Denn die Haupteinnahmequelle war eben der Verkauf von Duty-Free-Waren. Nach einer sehr emotionalen Abschiedsfahrt um 14.00 Uhr von Faaborg nach Gelting und zurück endete diese fast 35 Jahre alte Geschichte. Die Reederei wurde aufgelöst und »GELTING SYD« nach Marokko verkauft. Am 1. Juli 1999 verließ sie Faaborg zum letzten Mal.
Anmerkung:
Lieber Leser!
Obwohl ich sehr gründlich (unter anderem bei der Reederei selber) die einzelnen historischen Details recherchiert habe, ist es dennoch durchaus möglich, daß einige Details nicht ganz korrekt sind. Sollte jemand etwas anzumerken oder zu vervollständigen haben oder auch einfach zur eine weitere kleine Anekdote aus dem Linienalltag kennen, würde ich mich sehr über eine Mail freuen (E-Mail Tim Vogel)! Vielen Dank!
Tim Vogel
Text der Anzeige in "Fyens Stiftstidende" - einige Tage bevor die Route eingestellt wurde:
Die letzte Fähre..!
Am Mittwoch, dem 30. Juni 1999, endet die zollfreie Zeit auf der Ostsee. Die zwei Deutschland-Routen Langeland-Kiel und Faaborg-Gelting fahren zum letzten mal.
Wir möchten uns hiermit bei unseren treuen Passagieren für die 34 Jahre auf der Ostsee bedanken!
Wir möchten uns hiermit bei unseren treuen Passagieren für die 34 Jahre auf der Ostsee bedanken!